Im Rauschen

Volker Friebel (2022): Im Rauschen. Lieder. Audio-Album. Edition Blaue Felder (LC 99060), Distributor: MusicHub. EAN: 0406494693702. Laufzeit: 40:25 Minuten.

1 Fahnen im Wind 3:57
2 Unter der Kreuzung 3:48
3 Todes-Tanz 4:40
4 Zeichen des Himmels 5:03
5 Ton aus der Sonne 3:54
6 Das Strömen 3:31
7 Essigtrinker 4:06
8 Sein Herz der Welt 3:25
9 Der Vogel 3:25
10 Leuchten 4:32

Veröffentlichung: Di. 23.08.2022.

Text und Musik aller Lieder: Volker Friebel
Es ist das siebte Album des Projekts Tausend Lieder

Das Album ist ab dem Veröffentlichungstag wie meine anderen Alben vollständig auch auf meinem Audio-Kanal bei YouTube hörbar:
https://www.youtube.com/channel/UCa9r52JGr9BVzUg6PTWFFAg/playlists

Eine Playlist bei Spotify mit jeweils vier Liedern aus jedem bisher erschienenen Album: Spotify – Tausend Lieder.

Fahnen im Wind

Fahnen im Wind.
Die Völker stürzen hinter ihm her.
Wie der Sturm entsteht, weiß das Licht.
Menschen sind Schatten.

Fahnen im Wind.
Ein Helm liegt am Meer, im gleißenden Sand.
Die Grille springt auf ihn, in das Licht.
Menschen sind Schatten.

Fahnen im Wind.
Die Lerche singt überm Acker ihr Lied.
Jedes Blatt verwandelt das Licht.
Menschen sind Schatten.

Fahnen im Wind.
Ich hab an meine Liebe gedacht.
Unsere Stunden sind Glas und sind Gold.
Menschen sind Schatten.

Text begonnen am Do. 05.05.2022 in München, Bank am Königsplatz, Aufenthalt Rückfahrt von Donau-Kreuzfahrt, nachmittags

Unter der Kreuzung

Unter der Kreuzung liegt die Wiese,
schlummern Käfer und Blumen und Gras,
schlummert eine Biene im Dunkel,
schlummert der Kokon des Schmetterlings.

Unter der Kreuzung liegen Pfeilspitzen,
liegt aus Perlen und Silber ein Schatz,
liegt, zu schwarzer Erde geworden,
so viel vergangenes Glück und Leid.

Unter der Kreuzung schlummert das Hoffen
einer anderen, besseren Welt.
Riechst du den Duft der Rosenknospen,
hörst du das Brummen des Bären im Traum?

Unter der Kreuzung ziehen Wolken,
raunen die Samen aus anderer Zeit.
Nach dem Ende des Menschen sind sie
bald wieder bereit für das Licht.

Halt mich, halt mich, Liebste, halt mich,
die schweren Tage enden nicht mehr.
Die Rose verdorrt im Schatten der Festung,
die Menschen sind stumm und leer.

Halt mich, halt mich, Liebste, halt mich,
die schweren Tage tröpfeln hin.
Das bunte Heer der Nibelungen
zieht schweigend hinter der Königin.

Text begonnen am So. 10.04.2022 auf einer Wiese auf dem Österberg, Tübingen, vormittags; die beiden letzten Strophen entstanden am Do. 19.05.2022 in meiner Wohnung in Tübingen, abends

Todes-Tanz

Wir haben den Bergen Namen gegeben,
den Wolken, dem Meer.
Wir haben die schwebenden Blasen
unseres Atems gezählt.
Wir sind am Fluss gegangen und haben zusammen
seine Ruhe gespürt.

Ist das die Erde, auf der die Tänzerin tanzt?
Sind das die Städte der Menschen,
die Mühlen aus Knochen und Stein?
Wächst nicht im Schatten der Festung die Wüste?
Weht nicht ihr Sand mit den Winden
rund um die Welt?

Ein Tamburin tönt und Schellen klingen,
wir vergessen alle Namen im Lärm.
Unter den Tritten der Tänzerin
zerbröselt alles, was fest ist.
Unter den Tritten der Tänzerin
erwacht die Schlange und zischt.
Unter den Tritten der Tänzerin
erwachen die Bienen.
Unter den Tritten der Tänzerin
quillt Honig und tränkt alle Welt.

Text begonnen am Di. 13.04.2021, Tübingen

Zeichen des Himmels

Vom Bergpfad ein Blick hinab
auf den See – und der blickt zurück,
das große Auge des Himmels.
Jeder Schlag meines Herzens
pocht mit der Erde.
Doch ich such nach den Zeichen
des Himmels.

Die kleinen Geräusche der Stille,
das Plätschern des Bachs,
der Wind in den langen Halmen am Abhang,
der Pfiff eines Murmeltiers,
das leise Lachen der Liebsten.
Doch ich such nach den Zeichen
des Himmels.

Verloren sind wir,
zwischen bröselnden Felsen, sie rieseln mit uns,
und Wasser schwemmt sie ins südliche Meer.
Und wir singen trotzdem mit den Gräsern, und trinken
von geheimen Quellen im Wald.
Doch ich such nach den Zeichen
des Himmels.

Text begonnen am Do. 17.03.2022 im Naturfreundehaus Feldberg, nachmittags

Ton aus der Sonne

Um die Damhirsche brandet Licht
aus dem Himmel, sie liegen im sanften Gras,
die Augen geschlossen,
und lauschen dem einen Ton
aus der Sonne, aus der Sonne
dem einen Ton.

Vögel singen in den Bäumen ringsum,
ein Wind streicht über das junge Laub,
doch die Damhirsche lauschen
nur diesem einen Ton
aus der Sonne, aus der Sonne
dem einen Ton.

Am Stacheldraht ein Fetzen Fell,
ein Tropfen Blut versickert im Gras.
Und ich schließ die Augen
und lausch nur diesem einen Ton
aus der Sonne, aus der Sonne
dem einen Ton.

Ich lausch mit den Bäumen
und Bären im Wunderwald, entkommen
dem Matsch der Stadt.
Wir lauschen nur diesem einen Ton
aus der Sonne, aus der Sonne
dem einen Ton.

Ich weiß nicht, was gut ist
in dieser Welt, ich weiß nicht, was schlecht ist,
doch ich lausch mit den Gräsern.
Wir lauschen nur diesem einen Ton
aus der Sonne, aus der Sonne
dem einen Ton.

Text begonnen am Sa. 26.03.2022 im Schönbuch auf einem Baumstumpf am Damhirschgehege, Böblinger Sträßle, mittags

Das Strömen

Ein Morgen inmitten von Vogelstimmen.
Weiße Wolken spiegeln im Fluss.
Die Liebste ist noch im Zelt geblieben.
Ich sitze am Wasser und spüre
das Strömen in mir.

Ein Eisvogel flog fort,
als ich kam. Der Fluss und der Himmel
blieben,
am Wasser, am Wasser, im Strömen,
im Strömen in mir, im Strömen.

Text begonnen am Do. 12.01.2017 in Indien, Thattekkad, Hornbill-Camp, Esshalle, morgens; Eisvogel: Kingfisher

Essigtrinker

Über die Erde will ich gehen
und Trauben pflücken, will schlafen am Quell,
im Schatten des Waldes.
Die Süße des Lebens will ich kosten,
im Wasser, im Wein, im Liebeslied,
im Tanz über Scherben, will atemlos sitzen,
gelehnt an den Stamm einer Linde.
Wohnen will ich im Himmelshaus,
mit der, die mich liebt, die ich liebe,
im 15. Stock eines Blocks.

Wir wandern barfuß
an der Brandung des Meeres.
Wir sehen im Osten den Aufgang der Sonne,
wir sehen sie versinken im Westen.
Wir sammeln bunte Steine am Abend,
wir werfen sie morgens zurück
in die Flut. Den Sinn des Lebens
singt uns die Nachtigall, sagt uns der Blick
vom Berg übern See. Und die Sterne
zeigen sich tief in der Nacht.

Drei Menschen sitzen im Garten
um einen Krug mit Essig und kosten.
Der erste findet ihn sauer, der zweite bitter,
der dritte sagt, er ist süß.

Text begonnen am Mi. 28.07.2021 daheim in Tübingen; die drei Essigtrinker finden sich in Das Buch vom Tee von Kakuzo Okakura, es geht um eine alte chinesische Legende, die einen anderen Schwerpunkt hat als mein Lied

Sein Herz der Welt

Die Erlenreihe am Bach,
das Gras der Wiese,
die Stimmen von Vögeln.
Ein Wanderer hat sich niedergelassen,
nun schließt er die Augen,
nun öffnet sein Herz er der Welt,
den Düften des Windes,
dem Flug eines Käfers,
dem Tanz eines Schmetterlings,
den Sonnenstrahlen,
den Gewittern der Liebe.
Nun öffnet sein Herz er der Welt.

Text begonnen am Fr. 04.03.2022 im Schönbuch bei Tübingen-Bebenhausen, mittags

Der Vogel

Nach dem Regen die Wiese
mit Perlen reich übersät –
ihr Blinken im Licht.
Das Lächeln der Liebsten, ich seh es,
auch wenn die Augen ich schließ.
Es ist ein Teil von mir.

Wir lagern am Abgrund und lauschen
den springenden Bächen, dem Wind,
und fragen nicht mehr.
Wir können hier bei den Bäumen
und bei den Grillen sein
und einfach leben, für uns.

Die Schatten der Festung, sie reichen
weit über die Fluren zum Wald,
bis in mein Herz.
Doch dann im Rauschen ein Vogel
beschwört all die Farben für uns.
Hörst du ihn auch?

Text begonnen am Mo. 04.04.2022 im Schönbuch auf der Fohlenweide bei Tübingen-Bebenhausen, vormittags

Leuchten

Eine Lerche steigt auf
und singt von der Sonne.
Den Panzer ließen sie vor Jahren zurück,
der rostet nun im selben Licht,
das die Grashalme trinken,
das die Augen der Liebenden
leuchten lässt.

Ein einsamer Pfad am Fluss,
ein Felsblock am Ufer des Sees,
den die Wellen nur manchmal erreichen,
ein Kuss bei Nacht in der Stadt,
auf einer Kreuzung im Mondlicht,
das die Augen der Liebenden
leuchten lässt.

All das Leid, auch das Glück,
es bewegt sich im Herzschlag,
bewegt sich mit jedem Atemzug,
den wir tun, auch wenn mit jedem
von ihnen durch uns der Himmel strömt
und die Augen der Liebenden
leuchten.

Text begonnen am Mi. 01.06.2022 auf einer Zugfahrt von Tübingen nach Lindau, morgens

 


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