Gelegentlich etwas Neues oder Altes, Text oder Foto oder Musik, ausgearbeitet oder Notiz. Soweit nicht anders angegeben, stammen alle Beiträge von Volker Friebel.
Fluten-Log: Aktuell, Archiv: 17, 16, 15, 14, 13, 12, 11, 10, 09, 08, 07, 06, 05, 04, 03, 02, 01 (ab 07.06.2018)
Dienstag, 10. Mai 2023
Heute wurde bei YouTube mein erstes Video seit Jahren veröffentlicht: Merkmale des Haiku – ganz kurz. Auf Grundlage meines Buchs: Das Haiku. Hier geht es zum Video bei YouTube: https://youtu.be/JIotmkvimC4
Ein paar Tage Urlaub! Aber bald geht es weiter.
Sonntag, 23. April 2023
Ein neues Audio-Album ist erschienen, zusammengestellt aus zehn Singles der letzten Wochen: Kollektiver Wahnsinn. Bei Youtube ist es hier zu hören: https://youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_n_27cPoAT6KeIBGm-ZC0IekRpQCpOH_dU. Meine Empfehlung: Über die Grenze ins Blau: https://youtu.be/X6ceIJ3P3A4.
Samstag, 22. April 2023
Eine Straßenbahnhaltestelle in Ulm. Ich versuche, den Abstand zu den Rauchern links und rechts gleich zu halten, unter Berücksichtigung von Richtung und Geschwindigkeit des Windes. Die Zeit träumt dahin, aber die Straßenbahn fährt ein.
Freitag, 21. April 2023
Heute habe ich eine neue Netz-Präsenz eröffnet: www.reise-lied.de. Da will ich Texte und Bilder zu Reisen und zu besonderen Orten bündeln.
Donnerstag, 20. April 2023
Eine Buch-Vorstellung, die ich am Vortag begonnen habe, zu Ende gebraucht und veröffentlicht. Es geht um Sabine Sommerkamp (2023): Der Einfluss des Haiku auf Imagismus und jüngere Moderne. Studien zur englischen und amerikanischen Lyrik. Iudicium Verlag, München. Durchgesehener und um ein Nachwort erweiterter Neudruck der Ausgabe 1984. Und hier ist die Vorstellung erschienen:
Mittwoch, 19. April 2023
Vortrag im Reisebus.
Draußen ein Hirte, inmitten
von Schafen.
Gestützt auf seinen Hirtenstab.
Das Burzenland ist ersichtlich wohlhabender als etwa die Walachei. Altes ungarisches Land. Altes deutsches Land. Altes Land. Junges Land der Gräser, Bäume, Holunderblüten.
Fr. 10.06.2016, Busfahrt Predeal – Hermannstadt, Burzenland, vormittags
Dienstag, 18. April 2023
Eine alte Frau aus dem Reisebus an der Tankstelle reißt von der Wilden Möhre ab, riecht daran, wirft sie weg. In der Ferne fährt ein Pferdegespann zwischen Feldern. „Das sind keine Touristen – wie in alter Zeit!“ Die Liebste wuchs auf dem Hof auf, lächelt. Die Farbe des Klatschmohns ist auch eine der Farben des Lebens, so wie die kleinen Schnecken eine Wahrheit des Lebens bewohnen, wenn sie in ihren Schneckenhäusern von den Ähren am Wegrand hängen. Der Unterlauf der Donau ist nah.
Mi. 08.06.2016, Busfahrt Bukarest – Tulcea, nach dem Rastplatz, vormittags
Montag, 17. April 2023
Die Welt verändern durch … Jemandem, den du nicht kennst, etwas Schönes sagen. Oder einfach nur lächeln.
Sonntag, 16. April 2023
Dumm und klug
Geheimrat Eule doziert: „Wer von sich sagen kann: Ich bin dumm, und es ist, und zwar glücklich, der lebt die höchste Form der Existenz. Die zweithöchste Form ist klug sein und dumm scheinen. Die dritte: Klug sein und klug wirken. Die vierte: Dumm sein, aber glauben, man sei klug. Dieser letzten Lebensform huldigen die meisten Menschen.“
„Ich will klug werden“, sagt Prinz Vogelfrei.
„Das weiß ich“, brummt Geheimrat Eule. „In deiner Position ist das Beste: klug sein und klug wirken. Aber weißt du denn, was dumm und klug eigentlich meinen?“
„Das weiß ich nicht“, sagt der Prinz, „aber ich lerne.“
Aus: Volker Friebel (2022): Wunderbar. Bunte Steine. Edition Blaue Felder, Tübingen.
Samstag, 15. April 2023
Eine Wiese aus Gänseblümchen und Gras. Eine Krähenfeder. An der Pilgerkapelle für Augenleidende stehe ich und schaue auf das Städtchen im Tal, auf den Neckar, sein Tal erschüttert von Motorräder, auf die Kette des Albtraufs. Am alten Turm blättert Putz ab, das junge Grün eines Baums aber quillt und quillt in den Himmel hinein.
All meine Gedanken
weit weg vom Herzen, das immer noch
pocht.
Sa. 15.04.2023, Horb, an der Ottilienkapelle
Freitag, 14. April 2023
Der Regen hat sich in Dunst aufgelöst, die Sonne zieht ihn wieder zurück in den Himmel. Wenn er klagen könnte wie Menschen … Aber er hat keine Stimme, und die Sonne wärmt ihn und lässt ihn vergessen.
Warum hat die Natur uns Bären und Menschen Stimmen zum Klagen gegeben? Die Grashalme, viel zahlreicher als wir, kommen auch ohne so etwas zurecht. Aber vielleicht sind die Stimmen gar nicht zum Klagen gedacht, sondern zum Jubeln.
Fr. 14.04.2023, Zugfahrt Tübingen – Horb, morgens
Donnerstag, 13. April 2023
Blütenschauer.
Ein zugewachsenes
Gartenhaus.
Vor einigen Jahren wurden Filme veröffentlicht, wie sich unsere Welt verändert, wenn alle Menschen plötzlich verschwänden, wie lange unsere Erzeugnisse und unsere Tätigkeit noch sichtbar blieben, wie lange die Nachwirkungen des Menschen die Erde noch beeinflussten. Ein Thema, das früheren Zeiten unverständlich gewesen wäre.
Do. 13.04.2023, Zugfahrt Tübingen – Horb
Mittwoch 12. April 2023
Ein neues Lied ist erschienen: Blüten im Wüstensand. Ein Klick auf den Titel führt zum Lied auf YouTube.
Dienstag, 11. April 2023
Ein neues Lied ist erschienen: Antworte ihm. Ein Klick auf den Titel führt zum Lied auf YouTube.
(Oster-) Montag, 10. April 2023
Weise
„Mein Leben lang war ich ein Herumtreiber. Ich hab viel erlebt und gelernt. Nun bin ich alt geworden – aber auch weise? Nein. Kann ich das irgendwie nachholen?“, fragte ein grauhaariger Wanderer.
„Besser nicht“, entgegnete Mu. „Im Alter sollte man lieber nicht weise sein. Das schickt sich eher für die Jugend, wo es auch nötiger ist.“
Und Mu streckte seine Zunge heraus.
Der Alte lachte und zeigte ihm seine.
Aus: Volker Friebel (2020): Murmel Mu – Aus den Reden eines Murmeltiers. Edition Blaue Felder, Tübingen.
(Oster-) Sonntag, 9. April 2023
Ein neues Lied ist erschienen: MG-Stand im Meer. Für Ostern unpassend. Ich hab das Lied vor 14 Tagen zur Veröffentlichung eingereicht und nicht bedacht, dass es dann auf Ostern fällt. Ein Klick auf den Titel führt zum Lied auf YouTube. Der Titel bezieht sich auf MG-Stände am Strand der griechischen Insel Kos Richtung der nahen türkischen Küste.
Samstag, 8. April 2023
Der Himmel verbindet alles
Prinz Vogelfrei hüpft auf Steinen über den Waldbach. „Hopp, hopp, hopp und hopp!“ Am anderen Ufer blickt er zurück in das Strömen.
„Teilen die Wasser das Land oder verbinden sie es?“, murmelt er.
Eine Forelle springt und schnappt sich eine unvorsichtige Mücke.
„Der Himmel liegt über allen Wassern und Ufern, er jedenfalls verbindet alles“, zirpt Hofmeister Grille in seinem Beutel.
„Aber Frieden hat man nicht einmal dort.“ Prinz Vogelfrei seufzt.
Aus: Volker Friebel (2022): Wunderbar. Bunte Steine. Edition Blaue Felder, Tübingen.
(Kar-) Freitag, 7. April 2023
Ergründen
„Auch das kleinste Ding hat seine Wurzel in der Unendlichkeit, ist also nicht völlig zu ergründen.“ (Wilhelm Busch, 1832-1908.)
Ergründen können wir gar nichts. Wir können nur Relationen vermessen zwischen den unergründlichen Dingen und uns selbst.
Aus: Volker Friebel (2022): Wunderbar. Bunte Steine. Edition Blaue Felder, Tübingen.
Donnerstag, 6. April 2023
Ein neues Lied ist erschienen: Über die Grenze ins Blau. Ein Klick auf den Titel führt zum Lied auf YouTube.
Mittwoch, 5. April 2023
Der Sommerwind
Nach dem Besuch eines Theaterstücks.
„Glaubst du, die Menschen sind wirklich so kompliziert oder behauptet der Stückschreiber das nur, um ihnen zu schmeicheln?“, frage ich meine Begleiterin.
Wir treten hinaus in die Nacht, bleiben stehen: „Das ist der Sommerwind“, sagt sie.
Ich nicke.
Aus: Volker Friebel (2021): Siebzehn Hundertstel frei. Bunte Steine. Edition Blaue Felder, Tübingen.
Dienstag, 4. April 2023
Ein neues Lied ist erschienen: Aus der Dunkelheit. Ein Klick auf den Titel führt zum Lied auf YouTube.
An den Quellen im Wald
singen Vögel. Das Leben strömt
aus der Erde ans Licht.
Wir reiben uns die Augen
und blinzeln hinauf.
In der Ferne die Trommeln
dröhnen noch in den Traum.
Am Wegrand ein verlorener Schuh,
Schuppen von Panzern,
eine Spieluhr, defekt.
Wir folgen in langen Kolonnen
dem Wallach der Königin.
Der Takt unserer Schritte.
Vergissmeinnicht.
Wir schlagen an unsere Schilde.
Vom Blut des toten Helden
trinken die Blumen am Pfad.
Ein Lindenblatt fällt.
Alle Blätter der Linde wirbelt
ein Engel vom Baum –
oder ein Adler –
oder der Wind.
Wir schreiten durch das Spalier
der Priester, sie segnen
unsere Lanzen.
Die Quellen im Wald
sind verlassen. Doch Vögel singen
vom Leben.
Der Duft wilder Veilchen quillt aus
der Dunkelheit.
Klang ferner Trommeln.
Die Königin summt.
Im Märchenbuch die Kreuzritter lachen.
„Die Geschichte wiederholt sich
nie gleich“, behauptet die Sprecherin
und greift nach dem nächsten Blatt.
„Schmiedet Pflüge zu Schwertern,
pflanzt Stacheldrahthecken
zum Schutz unserer Liebe,
Rosen blühen im Sommer auf.“
Im Märchenbuch der Inquisitor
wischt sich Tränen aus dem Gesicht.
Wir schlagen an unsere Schilde.
Unter den Schritten die Erde bebt.
Wachtürme wachsen. Doch der Himmel
bleibt grenzenlos.
Die Quellen im Wald
sind vergessen. Doch Vögel singen
vom Leben.
Der Duft wilder Veilchen quillt aus
der Dunkelheit.
Montag, 3. April 2023
Was man aus uns macht
Jean-Paul Sartre meinte: „Es kommt nicht darauf an, was man aus uns gemacht hat, sondern darauf, was wir aus dem machen, was man aus uns gemacht hat.“
Es kommt nicht so sehr auf die Verhältnisse an, sondern darauf, was wir aus den Verhältnissen machen. Es kommt bereits darauf an, wie wir die Verhältnisse betrachten.
Ich betrachte Kinder und sehe aufrechte Menschen. Ich betrachte Jugendliche und sehe, wie Menschen gebeugt werden und dagegen rebellieren. Ich betrachte Erwachsene und sehe Gebrochene.
Wer sich zu einem Grashalm zu beugen versteht und zu ihm spricht, ist ein aufrechtes Kind.
Der Grashalm versteht den Menschen nicht. Aber der Mensch kann zu lächeln beginnen. Und kann zu lachen beginnen.
Aus: Volker Friebel (2023): Das Echte. Bunte Steine. Edition Blaue Felder, Tübingen.
Sonntag, 2. April 2023
Straßburg, Musée d’Art Moderne et Contemporain
Kunstmuseum.
Menschen umkreisen das Wrack
eines Sportwagens.
„Umkreisen“ ist das entscheidende Wort in diesem Haiku. Das stammt nicht aus der Kunst, sondern aus religiösem Kontext. Die Umkreisung von wichtigen religiösen Artefakten gibt es in vielen Religionen der Welt. Es ist die Verehrung der heiligen Mitte unseres Daseins.
Vor dem zerbeulten Sportwagen verstehe ich plötzlich, dass …
Weiter zum ganzen Text: Musée d’Art Moderne et Contemporain, Straßburg
Samstag, 1. April 2023
Straßburg. Besuch im EU-Parlament. Nach der Sicherheitskontrolle, einem langen Weg durch sterile Korridore, zuletzt vorbei an beeindruckenden Kletterpflanzen, die allerdings etwas leidend aussehen, betrachten wir von der Besuchertribüne aus, von oben, die leeren Bänke vor den Nationalflaggen.
Die Luft fühlt sich müde und krank an. Was für ein Unterschied zwischen Anspruch und Realität. Auch wenn das überall auf dieser Menschenwelt so sein dürfte, in diesem Parlament scheint mir der Abstand besonders groß.
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Weitergewandert
der Schatten, nun sitz ich
im Licht.
Di. 17.09.2002, Albwanderung Tieringen – Dotternhausen, Steinbruch Plettenberg, auf einem Stein rastend
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