Speisesaal eines Hotels in Kovalam, Süd-Indien

Volker Friebel

 

Töne der Bambusflöte –
gelöst aus dem Rauschen
der Ventilatoren.

 

Der Speisesaal ist groß und nach drei Seiten hin offen zum Garten. Vierer-Tische. Wind der Ventilatoren.

Aus dem Lautsprecher tönt eine Bambusflöte. Überirdisch. Das kann doch nur Hariprasad Chaurasia sein.

Wir haben gefrühstückt. Elisabeth ist hoch in unser Zimmer, will Notizen nachtragen. Ich sitze noch hier vor meinem Kaffee, beobachte die Menschen und lausche.

Ein Stromausfall vorhin unterbrach kurz den Atem der Flötentöne. Ein Stromausfall gestern Abend setzte uns kurz im Aufzug fest.

Die Luft ist schwül.

Die junge Inderin, die mit zwei Kindern den Nebentisch besetzt, packt Schoko-Croissants in große Servietten ein.

Ich frage eine Bedienstete nach der Musik. Sie weiß den Namen des Flötespielers nicht.

Was mache ich hier in dieser strömenden Welt? Ich sitze am Tisch und trinke Kaffee. Und höre hinein in die Tiefen dieser Musik. Sie nimmt mich mit. Woher sie aber kommt, weiß niemand. Physikalisch gibt es keine Musik, gibt es überhaupt keine Klänge, nur Druckveränderungen der Luft. Woher ich selbst komme, weiß auch niemand. Ein Schattenspiel, ein störrisches Stück Holz, eine Feder, im Schweigen, in der Stille des Atems dieser Musik.

 

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