Prinzessin geht mit

Fantasiereise für Kinder

 

Mach es dir bequem und schließ deine Augen …

 

Die Terrassentür steht einen Spalt weit offen. Frische Luft strömt herein – und Amselgesang … Ritter Blech öffnet ein Auge … Als er sieht, dass die Luft rein ist, öffnet er auch das andere Auge und richtet sich auf.

„Spürst du das?“, brummt er …

Neben Ritter Blech sitzt Prinzessin auf dem Sofa. Jetzt geht ein Zittern durch ihren Körper. Dann öffnet sie beide Augen auf einmal. „Ich spüre es“, flüstert sie. „Was ist das?“

„Das ist frische Luft“, brummt Ritter Blech. „Sie kommt durch den Türspalt aus dem Garten.“

„Ah“, flüstert Prinzessin und reckt sich.

Zusammen mit Ritter Blech klettert sie das Sofa hinab. Sie gehen durch den Türspalt auf die Terrasse hinaus.

„Was ist das für ein Gefühl an den Füßen?“, fragt Prinzessin.

„Spürst du das auch?“, fragt Ritter Blech zurück. „Das sind die Steinplatten auf der Terrasse.“ Zusammen treten sie hinein in die Wiese.

„Das Gefühl an den Füßen hat sich nun verändert“, sagt Prinzessin.

„Das ist das weiche Gras der Wiese“, sagt Ritter Blech.

Prinzessin ist stehengeblieben und atmet tief durch. Ihre Augen hat sie geschlossen. „Riechst du den Duft?“, fragt sie.

Auch Ritter Blech schließt nun die Augen und schnuppert. „Ja, das riecht gut!“, brummt er.

Ritter Blech will zum Apfelbaum, aber Prinzessin macht an einem blühenden Busch Halt.

„Diesen Duft kenne ich“, flüstert Prinzessin. Sie hält einen Blütenzweig und strahlt Ritter Blech an. „Auch die Mutter von Sarah duftet manchmal so, wenn sie aus dem Bad kommt. Das ist Flieder!“

Ritter Blech riecht daran und brummt. Ob das wirklich der Duft von Sarahs Mutter ist, kann er nicht sagen.

Da sieht er im Gras eine Schnecke kriechen. Er hockt sich nieder. Prinzessin tut es ihm gleich …

Ritter Blech nimmt einen Grashalm und stupst damit an das Schneckenhaus. Sofort zieht die Schnecke ihre Fühler ein und ihren Kopf. Atemlos beobachten Ritter Blech und Prinzessin, was weiter passiert …

Es passiert eigentlich gar nichts.

Außer, dass eine Amsel im Nachbargarten ihr Lied beginnt …

Außer, dass ein Flugzeug am Himmel dröhnt …

Außer, dass die Wolken am Himmel ein kleines Stück weiterziehen …

Außer, dass eine Biene an Ritter Blech und Prinzessin vorbeifliegt, zum Fliederbusch …

Außer, dass eine Schar Spatzen in der Hecke zu zwitschern aufhört und in den Himmel fliegt …

Außer, dass ein Windstoß über das Gras geht und die Halme ein wenig bewegt …

Außer, dass der Atem von Ritter Blech immer ruhiger und langsamer wird – und der Atem von Prinzessin ebenso …

Nach einiger Zeit, in der eigentlich gar nichts passiert ist, tauchen aus dem Schneckenhaus wieder die Fühler der Schnecke auf. Sie tasten durch die duftende Luft …

Und noch später, kommt der Kopf der Schnecke wieder zum Vorschein, und sie kriecht langsam weiter …

„So langsam möchte ich auch sein“, brummt Ritter Blech.

Prinzessin und er erheben sich.

„Als ich neulich allein im Garten war“, brummt Ritter Blech, „habe ich andere Dinge erlebt.“

„Weil andere Dinge passiert sind“, flüstert Prinzessin.

„Das auch“, brummt Ritter Blech. „Aber jetzt ist es anders, weil du dabei bist. Da fallen mir andere Dinge auf.“

„Das geht mir auch so“, flüstert Prinzessin. „Ohne dich hätte ich die Schnecke gar nicht gesehen.“

Sie wandern über die Wiese und die Terrassenplatten zur Tür. Hintereinander schlüpfen sie durch. Bald sitzen sie wieder auf dem Sofa. Sie schließen die Augen und träumen …

 

Und nun kommt die Fantasiereise langsam zum Ende … Öffne die Augen … Atme tief durch … Reck dich und streck dich …

 


Diese Fantasiereise stammt aus dem Buch: Volker Friebel (2022): Mit Fantasiereisen durch das Jahr. Achtsamkeit, Entspannung und Kreativität für Kinder. Edition Blaue Felder, Tübingen. Papierbuch und eBuch. Enthält überarbeitet den Text des Buchs „Mit Traumreisen durch das Jahr“ von 2015.

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