Monte Cassino

Volker Friebel

 

Cassino heißt ein Landstädtchen in Italien, 40 Meter hoch und knapp 40 Kilometer vom Meer entfernt gelegen, auf halbem Weg zwischen Rom und Neapel. Monte Cassino heißt der Berg neben dem Städtchen, er ist 516 Meter hoch und felsig. Nach dem Berg nennt man die Abtei auf seinem Gipfel.

Im Jahr 529 unserer Zeitrechnung soll hier, an Stelle eines Apollo-Tempels, Benedikt von Nursia ein Kloster errichtet haben, das zum Mutterkloster aller Benediktiner und zu einem der bedeutendsten Zentren der Christenheit wurde. Die Benediktregel wurde auf dem Aachener Konzil (816-819) als alleinverbindliche Mönchsregel festgelegt, so gilt Montecassino auch als Gründungskloster des mittelalterlichen Mönchslebens.

Am 15. Februar 1944, einem Dienstag, wurde das Kloster durch einen Luftangriff der USA bis auf die Grundmauern zerstört, hunderte Menschen, Mönche und Schutzsuchende, wurden getötet. Das war Teil einer Schlacht um den Berg, an dessen Hang entlang die quer durch Italien gezogene Gustav-Linie verlief, an der die deutschen Truppen die Invasion der Alliierten aufhalten wollten. Der deutsche Oberbefehlshaber in Italien hatte wegen der besonderen historischen Bedeutung des Klosters verboten, es in die Stellungen mit einzubeziehen oder auch nur zur Beobachtung des Schlachtfeldes zu nutzen und hatte ein Gebiet von 300 Meter um das Kloster für neutral erklärt. Den Alliierten war das mitgeteilt worden. Bombardiert haben sie es trotzdem.

In einem der Flugzeuge saß ein junger US-Amerikaner, Walter Michael Miller Jr. Geboren 1923 in Florida, hatte er studiert und war Ingenieur geworden. Im Zweiten Weltkrieg nahm er für sein Land in der Luftwaffe als Funker und Heckschütze an mehr als fünfzig Bombenangriffen auf Italien teil – auch an dem auf Monte Cassino. Nach diesem Erlebnis konvertierte er zum Katholizismus und begann, Kurzgeschichten zu schreiben. Aus dreien davon entwickelte er seinen einzigen zu Lebzeiten veröffentlichten Roman „Lobgesang auf Leibowitz“, eine der eindringlichsten literarischen Warnungen überhaupt vor dem Hang des Menschen zur Selbstzerstörung. Weder der große Erfolg noch die Religion halfen Miller wirklich. Er litt große Teile seines Lebens unter Depressionen und erschoss sich nach dem Tod seiner Frau im Alter von 72 Jahren.

Alle Kunstschätze sowie die Baupläne des Klosters waren von den Deutschen in den Vatikan evakuiert worden. So konnte der Ort vollständig und originalgetreu wieder aufgebaut werden. Wieder leben hier Mönche. In Millers Roman allerdings haben alle Mahnungen und alle Bemühungen nichts genutzt. Und wenn die Menschen im Grunde gut sind, warum lassen sie sich dann von Wahnsinnigen regieren?

Monte Cassino.
Das Wasser rauscht
vom alten Tempel.

 

 

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