Marokko 8: Marrakesch

Volker Friebel

 

Die Stadt liegt im Südwesten Marokkos, in einer Ebene etwa 450 Meter über dem Meer. Sie hat fast eine Million Einwohner (Stand 2020).

Der Hohe Atlas beginnt 40 Kilometer südöstlich der Stadt, bis zum Meer im Westen sind es 150 Kilometer. Der international gebräuchliche Landesname Marokko leitet sich vom Stadtnamen Marrakesch ab und bedeutet in einer Berbersprache „Das Land Gottes“.

Gegründet wurde die Stadt im Jahr 1070 unserer Zeitrechnung und war bald Hauptstadt eines Berber-Reichs. Dynastien kamen und gingen, ihre Monumente wurden zerstört und neue gebaut. Je nach Lage der Zeit war mal Marrakesch Hauptstadt, mal Fès; die Menschen aber wurden immer mehr, ihre Lebensbedingungen schwieriger und sie selbst, zuletzt vor Radio und Fernseher, anspruchsvoller. Landflucht lässt auch Marokkos Städte anschwellen.

Sehenswert ist außer dem Djemaa el Fna und den Suqs, den Basaren, etwa der Jardin Majorelle, den ein heute weitgehend vergessener französische Maler im Jahr 1923 anlegte, ein botanischer Garten voll Grün und den Pflanzen von fünf Kontinenten, 1980 vom Modeschöpfer Yves Saint Laurent aufgekauft und restauriert.

Manches Schöne hat die Stadt, aber Marrakesch ist vor allem die Atmosphäre des Ganzen, der Menschen, ihrer Lebensart.

Marrakesch,
Platz der Toten – Seifenblasen
steigen ins Blau.

 

Wir sitzen im ersten Stock des Argana, direkt am Djemaa el Fna, dem zentralen Marktplatz von Marrakesch.

Vor uns das marokkanische Nationalgetränk: Minztee, das ist Grüner Tee, stark gezuckert, mit marokkanischer Minze – milder als andere Sorten, aber doch intensiv.

Tee wurde erst im 18. Jahrhundert in Marokko eingeführt, von britischen Händlern. Er wird traditionell von Männern zubereitet, während Kochen sonst Frauensache ist.

Elisabeth nimmt Gazellenfüßchen dazu, ein Gebäck, mit Mandelmus gefüllt und aromatisiert, sie behauptet, es dufte und schmecke nach Rosen.

Früher wurden auf dem Platz Verbrecher hingerichtet und ihre Köpfe auf Spießen ausgestellt, zur Abschreckung.

Heute kommen hier alle zusammen, Verbrecher und Richter, Frauen und Männer, Einheimische, Reisende, Akrobaten, Musiker, Gaukler, Schlangenbeschwörer, Bettler, Geschichtenerzähler, Tänzer, Taschendiebe und andere mehr. Hier werden abends marokkanische Gerichte angeboten, Dampfwolken wehen dann über den Platz.

Hier wird gerufen, gelacht, gesungen, musiziert, mit Klarinetten und Trommeln, zwischen denen die Saiten untergehen, alte Männer mit Geigen. Äffchen stolzieren zwischen Ständen mit Orangen, Datteln, Feigen, getrockneten Aprikosen, Nüssen.

Der Platz ist groß, er kann tagsüber auch öde und leer sein, bis auf ein paar Geschäfte und Verkaufsstände am Rande.

Das Argana war 2011 Ziel eines Anschlags. Eine ferngezündete Bombe tötete 17 Menschen und zerstörte große Teile des Kaffeehauses. Zwei Angeklagte wurden zum Tod verurteilt.

Marokko ist von dem, was man islamistischen Terror nennt, wenig betroffen. Der König ist in der Bevölkerung angesehen. Natürlich auch er mal mehr und mal weniger, so wie die Wirtschaft und die Teilhabe an ihren Früchten schwankt.

Die Herrschaft von Königen scheint für diese Schwankungen aber weniger anfällig zu sein als die Herrschaft putschender oder gewählter Politiker. Trotz allem zur Schau gestellten Prunk, der doch abhebt, scheint dem Volk ein Souverän noch immer am nächsten zu sein. Vielleicht gerade, weil er sich klar absetzt von allen Schwankungen, so auch von ihnen?

 

Unnütze Gedanken. Ein neuer Morgen hat begonnen, wir liegen und lauschen auf die fremden und vertrauten Geräusche der Welt um uns.

Frühling in Marrakesch.
Vom Pfauenschrei geweckt, flüstern wir
in das Dämmern.

Der Pfau schaut uns an.
Augen sind
seine Federn.

Der Schlitz ihres Kleids.
Pfauenschreie. Unser Lager
in Marrakesch.

Palastruine.
Ein Storch öffnet den Schnabel
zum Himmel.

 

Brunnenkühle
im Riad. Von geschnitzten Wänden
der Hall.

Wir sind im Palais Bahia, einem 1867 erbauten großen Palast. Ein Riad ist ein Haus oder Palast mit Innenhof, das arabische Stammwort riyād heißt „Garten“.

So angenehm der Schatten der Bäume. Wir betrachten das Muster des Holzes an den Wänden. Der Hall eines Brunnens tönt von ihnen zurück.

Ich erinnere die Bäume Europas. Da gibt es Wälder, große Wälder, die einen Tag oder mehr von den Füßen verlangen. Da gibt es Wasser. Aus jedem Hügel strömt es in die Weite hinein.

 

Pomeranzen.
Die Frau auf dem Moped
zieht ihren Schleier eng.

Schmiedgasse Marrakesch.
Ein alter Mann
späht in die Werkstatt.

Trommeln in Marrakesch.
Über mir
tanzt ein Mückenschwarm.

Eine Pfauenfeder
schenk ich der Liebsten.
Sonnenaufgang.

 

Marrakesch, Blick vom Argana auf den Djemaa el Fna
Marrakesch, Djemaa el Fna
Marrakesch, Suqs
Marrakesch, Suqs
Marrakesch, Suqs
Marrakesch, Riad im Palais Bahia
Marrakesch, Störche
Campplatz bei Marrakesch, Pfau

 

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