Volker Friebel
Vientiane bedeutet „Stadt des Mondes“. Die Stadt hat etwa 350.000 Bewohner, der Ballungsraum 620.000: Vientiane ist damit die mit Abstand größte Stadt von Laos. Im 13. Jahrhundert gegründet, ist sie seit 1975 wieder Hauptstadt, wie schon einige Male zuvor.
Vientiane liegt in einer Tiefebene am Mekong. Der ist in dieser besonders lange anhaltenden Trockenzeit weit von seinen Ufern zurückgewichen. Viele Obstblüten sind verdorrt. Die frühe Mangoernte fällt ganz aus.
Das andere Flussufer gehört bereits zu Thailand. Früher befand sich Vientiane in der Mitte von Laos. Vor fast 200 Jahren wurden nach einem verlorenen Krieg gegen Siam (dem heutigen Thailand) alle Gebiete jenseits des Mekongs eingebüßt, das ehemalige Zentrum des Landes ist seither Grenzstadt.
Stadt des Mondes –
überflutet
von Sonnenlicht.
Tempelanlage.
Auf einem Schachbrett liegen
Bierkronen.
Das Wat Si Saket wurde im Jahre 1818 vom König gestiftet. Bei der Zerstörung Vientianes durch die Siamesen 1827 blieb es verschont, vielleicht weil sein Baustil eher siamesisch als laotisch anmutet (der König wuchs in Bangkok auf). Das Wat enthält heute ein Museum mit mehr als 10.000 Buddha-Statuen.

Gleich gegenüber dem Wat Si Saket liegt der Tempel Ho Phra Keo. Er wurde im Jahre 1565 als Kapelle der laotischen Königsfamilie errichtet. Das ist nun ein Museum, mit einer Nachbildung des Smaragd-Buddhas, der hier einst bewahrt wurde.
Der Smaragd-Buddha ist eine 66 cm hohe Figur aus Jade, die Buddha in Meditationshaltung auf einem Thron zeigt. Sie stammt aus dem heutigen Thailand. Im Jahre 1434 nach unserer Zeitrechnung soll die Figur zufällig in einem Stupa entdeckt worden sein, die Jade verborgen hinter vergoldetem Stuck. Dem Besitzer der Figur soll sie Legitimität und Wohlstand garantieren – vor allem das erstere ist für einen Herrscher sehr wichtig. Der König von Nord-Thailand brachte den Smaragd-Buddha denn auch gleich in seinen Besitz.
Im Jahr 1551 wurde ein laotischer Prinz Nachfolger des verstorbenen thailändischen Königs. Er nahm den Smaragd-Buddha mit sich, als er seine Heimat Luang Prabang zum Begräbnis seines Vaters besuchte. Und blieb dann dort. Der Smaragd-Buddha zog einige Jahre später in die neue laotische Hauptstadt Vientiane um, in den für ihn erbauten Tempel Phra Keo.
Nach der Eroberung Vientianes durch die Siamesen im Jahr 1778 führten diese den Smaragd-Buddha im Triumphzug zurück. Heute befindet er sich als Nationalheiligtum Thailands in einem für ihn erbauten Tempel in Bangkok.
Starre Blätter
am Boden. Ein Novize lächelt
in die Kamera.




Heiligstes Denkmal und Nationalsymbol von Laos ist der große Stupa Pha That Luang. Er wurde im Jahre 1566 vom König eingeweiht. Zwei Tempel gehören dazu.
Stupa nennt man ein buddhistisches Heiligtum, das selbst nicht begehbar ist (die ersten Stupas waren wie Grabhügel halbkugelförmig aufgeschüttet) und häufig Reliqien des Buddha oder besonderer Mönche enthält. Stupas im Uhrzeigersinn zu umkreisen, gilt als verdienstvoll und soll Glück bringen.
Grundelemente eines Stupas sind die Basis (eine quadratische Plattform, welche die buddhistische Mönchsgemeinschaft darstellt), ein halbkugelförmiges Kuppelgewölbe (das den Dharma, die buddhistische Lehre, symbolisiert), eine Reliqienkammer (als Sinnbild für den historischen Buddha) und die Spitze, mit einer Krone oder einem Juwel als Abschluss (Symbol für das Nirwana).
Tempeltor.
Auf dem Moped ganz hinten
ein Mönch.

Mittagsglut.
Ich sammle Blätter
vom Bodhibaum.
Bodhi-Baum wird die aus Indien stammende Pappel-Feige (Ficus religiosa) genannt. Sie zählt zur Familie der Maulbeergewächse, wächst schnell und kann bis zu 30 Meter hoch werden. Die spitz zulaufenden Blätter sind charakteristisch.
Unter einem solchen Baum soll vor zweieinhalb Jahrtausenden der historische Buddha Siddhartha Gautama erwacht sein (Buddha bedeutet Erwachter). Der Bodhi-Baum gilt deshalb als eines der Symbole des Buddhas und wird gern in der buddhistischen Kunst dargestellt – oder in buddhistischen Anlagen gepflanzt.
Wie schön, einen Baum so nahe am Mittelpunkt einer Religion zu sehen.
Monate später. Ich packe für eine Reise zur Kastalischen Quelle und dem Orakel von Delphi. Und finde in einem verborgenen Fach meines Koffers die vermissten, unter dem Bodhi-Baum aufgelesenen Blätter. Sie sind heil.


Am liegenden Buddha
hüpfen Spatzen.
Der weite Himmel.
Nach dem Frühstück in Vientiane fährt uns ein Bus zum Flughafen und wir fliegen nach Phnom Penh (Kambodscha). Der Himmel ist weiterhin blau, die Temperaturen steigen bis auf 37 Grad Celsius.
Vientiane
Zwei Mädchen in Uniform radeln
zur Schule, am Mekong entlang. Die Sonne schenkt
aus vollem Leib, schenkt sich strahlend,
gleichgültig für alles um sich. Wir sehen hoch,
wir lächeln und bleiben doch auf
der Erde zurück.
Ich habe Bodhiblätter gesammelt.
Eines ließ ich in der Hand eines Buddhas.
Und ging durch den Staub. Blauer Staub
des laotischen Himmels. Blauer Staub
meines Lebens, tanzend, funkelnd
im Morgenlicht.
Atemzüge –
gleichgültig mischen sie sich
im Flugwartesaal.