Die Reaktionen von Menschen auf die Welt unterscheiden sich stark. Was dem einen Angst macht, ist für den anderen eine interessante Herausforderung. Was den einen aggressiv macht, ist für den anderen eine schöne Gelegenheit der Kommunikation oder ganz gleichgültig. Offensichtlich entscheiden unsere Einstellungen und Überzeugungen mehr unseres Verhaltens, als die Gegebenheiten der äußeren Welt. Das heißt, dass wir unser Verhalten verändern können, wenn wir uns mit unseren Einstellungen und Überzeugungen auseinandersetzen.
Irrationale Überzeugungen
Der US-amerikanische Psychologe Albert Ellis hat eine Liste von Überzeugungen veröffentlicht, die seiner Erfahrung nach für viele Probleme von Menschen verantwortlich ist. Er nannte das „irrationale Überzeugungen“ nicht etwa, weil sie immer falsch sein müssen, sondern weil sie einen nirgendwohin führen und sogar schaden. Sie sind hier als Behauptungen notiert:
1. Es ist wichtig für mich, von fast jeder wichtigen Bezugsperson geliebt oder gemocht zu werden.
2. Man darf sich nur dann als wertvoll empfinden, wenn man in jeder Hinsicht kompetent, tüchtig und leistungsfähig sei.
3. Manche Menschen sind böse, schlecht und verdorben, man sollte ihnen Vorwürfe machen und sie bestrafen.
4. Es ist schrecklich und katastrophal, wenn die Dinge nicht so sind, wie man sie gerne hätte.
5. Menschliches Leiden ist durch äußere Umstände bedingt und der Mensch hat kaum oder gar nicht die Fähigkeit, seine Sorgen und seine psychischen Probleme zu beeinflussen.
6. Über tatsächliche oder eingebildete Gefahren muss man sich große Sorgen machen und ständig über das mögliche Eintreten dieses Ereignisses nachgrübeln.
7. Es ist leichter, Schwierigkeiten und Verantwortung zu vermeiden, als sich dem zu stellen.
8. Es ist gut, von anderen abhängig zu sein, man braucht einen Stärkeren, auf den man sich stützen kann.
9. Die eigene Vergangenheit bestimmt das gegenwärtige Verhalten, etwas, das sich früher einmal auf unser Leben auswirkte, wird dies auch weiterhin tun.
10. Probleme und Verhaltensschwierigkeiten anderer Leute bringen mich ganz aus der Fassung.
11. Für jedes menschliche Problem gibt es eine unbedingt richtige, perfekte Lösung, und es ist eine Katastrophe, wenn diese perfekte Lösung nicht gefunden wird.
Sicher finden sich alle Menschen in solchen Glaubenssätzen wieder, mal ausgeprägt, mal weniger gut. Diese und ähnliche Glaubenssätze wirken tief in uns, beeinflussen unsere Wahrnehmung, unser Erleben, unser Verhalten. Sie beeinflussen, wie wir auf andere Menschen wirken und wie diese anderen Menschen auf uns reagieren.
Und: Solche Überzeugungen sind veränderbar.
Wenn wir sie kennen. Wenn wir uns mit ihnen kritisch auseinandersetzen und sie verändern möchten.
In welche Richtung verändern?
Ungünstig ist es, Forderungen an sich und die Welt zu haben, zu denken: Ich muss, die anderen müssen, die Welt muss … Die Welt ist groß, immer gibt es viele Alternativen. Das heißt nicht, dass Hartnäckigkeit falsch ist. Aber sie sollte nicht zur Verbissenheit werden, dann schadet sie.
Ungünstig ist es, vom Einzelnen automatisch auf das Ganze zu schließen (also zu generalisieren): Ich habe bei einer Sache versagt, also bin ich ein Versager. Er war unfreundlich zu mir, also hasst er mich oder ist selbst ein schlechter Mensch. Selbst wenn sie stimmen, schaden uns solche vorschnellen Generalisierungen. Sie lenken unser weiteres Verhalten auf ein Gleis, das allerdings nur zu weiteren schlechten Erfahrungen führen kann. Im ersten Beispiel: Ich bin dann weniger zuversichtlich und werde deshalb tatsächlich weniger erreichen. Im zweiten Beispiel: Ich werde dem anderen nun sehr zurückhaltend oder gar negativ gegenübertreten und so weitere schlechte Erfahrungen mit ihm provozieren.
Ungünstig ist es, Unerwünschtes überzubewerten, als Katastrophe zu betrachten. „Es wäre eine Katastrophe wenn dies oder jenes eintrifft.“ Das setzt unter Druck, macht Angst und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Unerwünschte tatsächlich eintritt.
Ungünstig ist eine niedrige Frustrationstoleranz, der Glaube, etwas nicht ertragen zu können. Auch das setzt unter Druck, es verhärtet und lähmt. So dürfte es dazu führen, dass wir tatsächlich öfter frustriert werden und jedenfalls kaum gute Erfahrungen sammeln können.
Solche Grundüberzeugungen setzen uns und andere unter Stress. Wenn wir sie verändern können, tun wir etwas für unser Wohlbefinden und unsere Entspannung. Und oft noch viel mehr.
Aufgabe
(1) Schreiben Sie auf einem Blatt in einer linken Spalte Grundüberzeugungen, in denen Sie sich selbst wiederfinden, in Ihren Worten formuliert. Orientieren Sie sich dazu an der oberen Liste – aber verändern Sie diese und ergänzen Sie sie.
(2) Schreiben Sie nun in der rechten Spalte jeweils daneben Gegenargumente. Schreiben Sie alles, was Ihnen einfällt, wie Sie auch dazu stehen.
(3) Schreiben Sie unter den Grundüberzeugungen Ihr Ergebnis: Was Sie daraus für Schlüsse über Ihre Grundüberzeugungen ziehen. Wie Sie meinen, dass sich Ihre Grundüberzeugungen ändern müssten, damit sie hilfreich und nicht hemmend oder gar schädlich wirken.
(4) Schauen Sie sich Ihr Blatt jeden Tag an und ergänzen bzw. verändern Sie es.