Volker Friebel
Wo unsere Wanderung begann? Ich weiß es nicht. Wir sind zu Fuß unterwegs ins Innere von Gran Canaria, zum Wolkenfels, dem Roque Nublo. 1.803 Meter erhebt er sich über dem Meeresspiegel, ein Wahrzeichen der Insel.
Was gibt es zu erzählen von einer Wanderung? Nichts. Die Füße wollen gehen. Wir sind ein zusammengewürfelter Haufen, Fetzen vieler Sprachen schwirren durch die Höhenluft.
Murmelnder Bergbach –
die Sprachen
der Wanderer.
Der Wind bläst Tratsch und Klatsch aus allen Ecken und Enden der Welt über den Fels. Sprache dient nicht der Kommunikation, sondern dem Zusammenhalt. Ihr Duft beheimatet und stärkt uns.
Der Führer, ein ausgewanderter Deutscher, klagt über die Verschlechterung der Verhältnisse. Die Insel ist wegen Unruhen in den arabischen Ländern ausgebucht – und dennoch hangeln alle am Existenzminimum. Eine Wohnung für sich allein, das sei für einen Reiseleiter nicht möglich.
Die Kiefern führen ihr eigenes Leben. Sie reden nicht, denn ihre Wurzeln halten sie noch besser zusammen als jedes Gespräch. Und eine eigene Wohnung ist jeder sicher – allerdings kein Dach über dem Kopf.
Das hinderte auch nur, denn die Kiefern melken den Himmel, schöpfen mit ihren Nadeln das Nass der Wolken ab. „Nebelkondensation“ ist das Fachwort dazu, sie trägt einen erheblichen Anteil zum Wasserhaushalt der Insel bei.
Als abgeholzt wurde, verdorrte die Insel. Nun forsten die Menschen wieder auf.
Roque Nublo –
zwei Tauben steigen
ins Unermessliche.