Fuerteventura 3

Volker Friebel

 

Dritter Teil des Erlebnisberichts, mit eingestreuten Fotos und Haiku.

Wieder der Strand

Was kann man schreiben über einen Strand? Gar nichts, weil sich gar nichts ereignet. Aber vielleicht zeigt er uns eben damit, wie jenseits von allen Ereignissen sich eine Welt öffnen kann, die schön ist und gut tut. Die den Geist leer macht und damit ruhig und offen.

Fächer aus Strahlen …
Nach dem Nachtregen am Meer
weiße Blüten.

Sonnenfächer …
Das blonde Haar einer Frau,
die ins Meer steigt …

 

Als ich aufschaue: Der Himmel spiegelt das Grün des Meeres vom nassen Strand. Ich sehe genauer hin – tatsächlich: Ein Streifen Himmel und ein Streifen Meer scheinen grün. Kann das sein? Eigentlich nicht. Es muss ein Blauton sein, der in diesem Umfeld grün wirkt.

Über Brandungsdonner
der Flug einer Möwe,
noch leichter.

Vor der Brandung
Vulkangestein.
Eine Feder.

Brandungsdonner.
In einer Strandmulde
spiegelt der Himmel.

Abenddämmerung.
Auf dem ablaufenden Strand bleibt
das Licht.

Auf der Welle,
die ins Meer zurückströmt,
steht Abendrot.

 

Wanderung nach Morro Jable

Wir wandern am Strand von Playa de Esquinzo nach Morro Jable. Es ist gar nicht so weit wie wir dachten. Ein Pärchen erzählte uns am Tag vorher, dass sie eine Stunde an der Bushaltestelle über unserer Wohnung gewartet haben, schattenlos, mehrere Busse fuhren vorbei, die Fahrer entschuldigend gestikulierend: besetzt!

Zu Fuß am Strand ist es schöner. Was aber, wenn die Flut ihren Höchststand erreicht? Wir betrachten die kritischen Stellen: Lavageröll bis ans Meer unter steilen Wänden. Der Fußpfad hindurch dürfte überschwemmt werden, vielleicht ist dann hier und da ein kleiner Umweg erforderlich.

Dunkle Höhlen.
Erdhörnchen huschen
am Rauschen der See.

Wellen donnern.
Die Ruhe einer Fußspur
im Sand.

 

In Morro Jable vorbei am Leuchtturm und am dekorativ aufgestellten Skelett eines Pottwals. Zu den Geschäften der Einkaufsstraße blinzeln wir nur hinüber. Es ist Sonntag. Und sie interessieren uns sowieso nicht.

In den Salzwiesen jagt
ein weißer Reiher.
Autos sausen vorbei.

Flügelschlag einer Taube.
Duft von Meer
an den Salzwiesen.

 

Auf einer Anhöhe über dem Hafen steht die katholische Kirche, recht neu, weiß, mit traumhaftem Blick über Stadt und Meer. Wir kommen in den Gottesdienst zum 1. Advent. Ein wohlbeleibter Priester hält ihn mit einigen Frauen der Gemeinde auf Kastellan. Wir verstehen zwar nichts, aber es wirkt sympathisch. Das Abschlusslied „Großer Gott, wir loben dich“ führt eine Deutsche ein, die hier lebt. Es klingt deutlich kräftiger als die vorherigen spanischen Lieder. Einige Gemeindemitglieder verlassen währenddessen den Gottesdienst. Ein Zeichen für Konflikte oder für die Selbstverständlichkeit des Umgangs miteinander?

Wir essen im Palmenschatten an der schönen Fußgänger-Promenade. Die Wanderung war so schön und mühelos, dass wir uns entscheiden, zu Fuß zurückzugehen. Die Flut ist nun allerdings fast auf dem Höchststand, wir brauchen länger, gehen kleine Strecken über Lavagestein oder auf dem tieferen Inland-Sand.

 

… immer wieder der Strand …

Ich fotografiere und notiere Haiku, eine Frau meditiert neben einer der steinernen Windburgen, eine andere singt bei ihrer Wanderung über den Strand, ein Mann joggt, ein weiterer ist in das Meer gestiegen und schwimmt mit langsamen Zügen ein Stück dem Horizont zu, andere betrachten einfach die Schönheit dieses Ortes.

Nach dem Regen.
Die erste Blüte
im Brandungsdonnern.

Brandungsdonnern.
Oben und unten
die Morgensonne.

Brandungsdonner.
Eine Möwe fliegt zwischen
zwei Sonnen durch.

Brandungsdonner.
Über der Liebsten
der Schwung eines Vogels.

 

Abenddämmerung.
Das Brausen der Brandung
wird dunkler.

 

Wasser ist Leben. Aber was uns am Sand fasziniert? Ist es sein Hinweis auf die Vergänglichkeit? Auch auf unsere eigene? An die Zeit? Auf die Unsinnigkeit, etwas festhalten zu wollen? An die Vergeblichkeit allen Tuns? Vor Jahren notierte ich zwischen den Wanderdünen von Corralejo im Norden der Insel:

Im Sand hinter mir
meine Spuren. Nur hier und da ein Korn
bleibt drin hängen.

Da war noch Sommer.

 

 

Rückflug

Tief unten im Himmel die weiße Herde der Wolken. Wollen wir Hirten sein? Zehn Kilometer über dem Meer. Das Brausen ist aus der Stille hier oben. Die leichte Bewegung muss vom Fluss des Lebens sein.

Die Liebste isst eine Orange. Doch wir kehren zurück, dorthin, wo nun Schnee liegt, wo das Jahr hindurch graue Zahlen Land und Leute beherrschen.

 

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