Entspannungsgeschichte
Du steigst mit Mieze vom Wolkenschloss in ein Traumland hinunter, Stufe um Stufe, an langsam treibenden Wolken vorbei. Stell dir vor, wie du mit jeder Stufe ruhiger und freudiger wirst.
„Der kleine König Ferdinand hat Geburtstag“, schnurrt Mieze königlich, während ihr steigt. „Das ganze Schloss bereitet heimlich ein Fest vor. Am meisten wünscht sich der König einen Stein.“
„Einen Edelstein?“, fragst du.
„Ein besonderer Stein ist es allerdings“, schnurrt Mieze geheimnisvoll. „Vielleicht finden wir ihn am Fluss.“
Endlich seid ihr am Fuß der Wolkentreppe angekommen. Sie endet gerade am Ufer eines ruhig und breit dahin strömenden Flusses.
„Weißt du vielleicht, wo wir einen Stille-Stein finden?“, fragt Mieze eine Ente auf den Wellen.
„Immer gerade vor eurer Nase“, pfeift die Ente und taucht ihren Hals in die Fluten.
Steine liegen viele im Sand. „Vor deiner Nase oder vor meiner?“, fragst du Mieze.
„Nimm einen Stein in die Hand, halt ihn fest und schließ die Augen“, schnurrt Mieze. „Und versuch, ob du im Stein Stille spüren kannst. Manchmal ist sie wie ein Licht, manchmal hat sie eine besondere Farbe oder etwas wie eine ruhige Musik.“
Du suchst dir einen Stein nach dem anderen und probierst.
„Stille kann ich in allen Steinen spüren“, sagst du schließlich. „Im einen mehr, im anderen weniger.“
„Wenn du spürst, dass du selbst ruhig und klar wirst, dann hältst du einen Stille-Stein für den König“, schnurrt Mieze.
Ihr schweigt ein Weilchen und forscht in den Steinen im Sand nach der Stille, jeder für sich.
Plötzlich tritt ein Bär aus dem Wald an das Flussufer. Nicht weit von euch tritt er ins flache Wasser.
Du spürst, wie dein Herz pocht. Du umklammerst den Stein in deiner Hand und sagst tief in dich hinein „Mit Mut geht’s gut.“ Du spürst die Ruhe im Stein – und in dir. Und du spürst die Kraft in der Ruhe. Das ist dein Stille-Stein, du weißt es gewiss!
Mieze faucht den Bären königlich an. Der schaut nur einmal kurz zu euch und wendet sich dann wieder ab. Die Lachse im Fluss sind ihm lieber.
Du siehst, wie er ein paar Mal nach Fischen schnappt. Aber immer entkommen sie ihm.
Ihr geht zu den Wolkentreppen zurück. Deinen Stille-Stein nehmt ihr mit. Stufe um Stufe steigt ihr empor. Mit jeder Stufe merkst du, wie du ruhiger wirst.
Im Hof versammeln sich die Bewohner des Schlosses. Den Koch siehst du, die Bibliothekarin Fiona, den Drachen Fridolin, Esmeralda, auch Kapitän Sturm ist dabei. Und soeben tritt auch die Königin ein, Kunigunde. Und viele, die du noch nicht kennst.
Der kleine König Ferdinand steht in ihrer Mitte und nimmt Glückwünsche und Geschenke entgegen. Auch ihr tretet zu ihm und überreicht ihm den Stille-Stein.
Der kleine König strahlt. „Wunderbar“, sagt er. „Einen Stille-Stein habe ich mir schon immer gewünscht.“
Der Stein bekommt einen besonderen Platz auf dem Geschenke-Tisch.
Bis zum Fest ist noch Zeit. Du legst dich mit Mieze auf das große blaue Sofa und schließt die Augen.
Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir. – Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer. – Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm. – Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein. – Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm. – So liegst du ein Weilchen und ruhst dich aus. Du ruhst dich aus und spürst die neue Kraft tief in dir wachsen.
Damit kommt die Geschichte langsam zum Ende. Wenn du bereit bist, reckst und streckst du dich und öffnest die Augen.
Diese Entspannungsgeschichte stammt aus dem Buch: Volker Friebel (2019): Entspannungsgeschichten vom Wolkenschloss. Edition Blaue Felder, Tübingen. PapierBuch und eBuch.
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