Fluten-Log – Archiv 08

Gelegentlich etwas Neues oder Altes, Text oder Foto oder Musik, ausgearbeitet oder Notiz. Soweit nicht anders angegeben, stammen alle Beiträge von Volker Friebel.

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Montag, 21. September 2020

Ein Spaziergang durch das Bittelschießer Täle bei Sigmaringen. Das Flüsslein ist die Lauchert, die nicht weit von hier in die Donau fließt.


Dienstag, 15. September 2020

Ich bemühe mich gerade darum, Zugang zu den Veröffentlichungsplattformen für Musik zu erhalten. Ein erstes Musikstück (Gesang ohne Text: Liam) ist testweise heute veröffentlicht worden und dürfte sich in den nächsten Tagen auf den meisten großen Plattformen zeigen.


Sonntag, 13. September 2020

Ein Labyrinth vor der Wallfahrtskirche Schönenberg über Ellwangen. Die Regelmäßigkeit der gewundenen Gänge. Ein Schmetterling fliegt. Ich folge ihm, trete über alle Begrenzung von Gang zu Gang, von Windung und Windung, auf geradem Weg zum rauen Stein in der Mitte. Der Schmetterling flattert weiter, über die Wiese davon.

 


Montag, 31. August 2020

„In Wäldern finden …“

„Glaube mir, Du wirst mehr in Wäldern finden, als in Büchern. Bäume und Tiere werden Dich lehren, was kein Lehrmeister Dir zu hören gibt.“

(Bernhard von Clairvaux, 1090-1153, bedeutendster Mönch der Zisterzienser, eines Reformordens, der auch hinter diesem Waldtor in Bebenhausen um das Jahr 1190 ein Kloster übernahm.)

Diesen Satz hat wohl ein Förster vor langer Zeit an das Waldtor setzen lassen. Ich ging schon oft an ihm vorbei, heute sinne ich auf meiner Wanderung um die Worte.

Zum ganzen Text.

 


Samstag, 28. August 2020

Zwei Haiku und ein Foto aus einer Wanderung von Tübingen-Wanne über die Roseck nach Tübingen-Unterjesingen.

Faulendes Heu.
Die Langhorn-Rinder
grasen im Tal.

Wildnis aus Vogelpfiffen
und Laub, sich ändernden
Farben.

 


Dienstag, 25. August 2020

Die Liebste zieht
durch den Wald. Alle Brombeeren
lass ich zurück.

An der Gänseweide steht sie
und redet, ich lausch dem Wind.


Donnerstag, 20. August 2020

Ein Blick auf eine der Stellen meines Arbeitsplatzes, an denen ich am liebsten schreibe, zwischen den Büschen und Bäumen. Gerade bin ich über Utopia 2200 gebeugt, einen Rückblick auf unsere Zeit und den Weg, den wir zu gehen haben.


Dienstag, 18. August 2020

Mohn und Korn

Unterwegs durch offenes Land. Kornfelder reifen. Ich frage meine Begleiterin, ohne auf Antwort zu hoffen, denn sie stammt aus der Stadt:

„Wie kommt es, dass im einen Feld Mohn blüht, das Feld daneben aber ganz frei davon ist? Der Boden wird so unterschiedlich doch nicht sein!“

„Der Boden nicht, aber die Leute“, antwortet sie sofort. „Die Felder mit Mohn sind katholisch, die Felder frei von jedem ‚Unkraut‘ protestantisch. Für die Pietisten zählt nur Arbeit und Lohn, alles Unnütze wird gejätet. Der Katholik tut nur das Nötigste und vertraut auf Gott.“ Sie ist Katholikin.

Das ist lang her, ich denke immer wieder mal daran zurück. Selbst bin ich im protestantischen Umfeld aufgewachsen, dort galten die Katholiken als wunderlich streng, das eigene Lager dagegen als weltoffen und liberal. Offenbar gibt es auch andere Maßstäbe.

Und es stimmt: Ganz gleich, ob wir uns selbst als religiös sehen oder nicht, Religion beeinflusst unser Sein in der Welt, beeinflusst die Art wie wir denken, Kategorien bilden, Wertschätzungen entwickeln.

Aber die verschiedenen Weisen in der Welt zu sein, stammen eigentlich aus tieferen Quellen, aus dem Buch unserer Gene. Religion oder politische Ideologie mögen uns ein wenig in die eine oder andere Richtung bewegen, unser Leib setzt sich bald wieder durch und teilt Religion und Ideologie in die Vielfalt der Seinsweisen, die in uns sind. Und so spaltete sich das Christentum. Und so wird jede Ideologie untergehen.

 


Mittwoch, 5. August 2020

Im Rottenburger Dom Orgelmusik, im Wechsel Johann Pachelbel und Johann Sebastian Bach. Gläserne Tonfluten reißen mich mit.

Daneben suche ich fassungslos nach Worten, diese Musik zu charakterisieren, sie gegen die Musik unserer Zeit zu halten, auch gegen die meine. Ist es, dass sie dem Himmel zwar zugewandt ist, aber aus dem Himmel auch stammt? Dass die Organistin auf einer wohlbegründeten Wolke spielt, in die klare Weite aus Blau? Dass die Erde tief unter weißen Schleiern verborgen liegt, ein misslungenes, missmutiges Land?

Während wir zum Himmel aus diesem Land nur mehr schräg aufschauen, ganz damit beschäftigt, die Erde zu behaupten, die Erde wiederzugewinnen, von den Krämern und Juristen.

Individuelle Prägung, ja Fehler schätzen wir, als Beweis für das Herz. Die Perfektion und Durchgeistigung alter Musik wirkt dagegen wie ein Versprechen ferner Zukunft.

 


Sonntag, 26. Juli 2020

Eigentlich wollte ich heute kein altes Gedicht zitieren, sondern über Peter Green schreiben, der gestern gestorben ist. Aber dann fand ich erst den Text nicht, den ich nach einem Konzertbesuch vor mehr als zwanzig Jahren über ihn geschrieben habe, und als ich ihn fand, erschien er mir belanglos.

Beim alten Gedicht mag ich es nun doch nicht bewenden lassen. Und so berichte ich stattdessen kurz über den Hölderlinturm, in den ich heute fast versehentlich mit einer privaten Stadtführung geraten bin.

Der Turm wurde monatelang umgebaut, ist nun wiedereröffnet, zum 250. Geburtsjahr des Dichters. Ein mediales Ereignis, allem, woran der Dichter glaubte, wofür er sich einsetzte, diametral entgegengesetzt. Vom technischen Standpunkt aus und aus dem Blickwinkel moderner Museumsästhetik ist die Renovierung bestimmt sehr gelungen, wird sie womöglich Preise einheimsen.

Immerhin gibt es viel weiße Wände. Und im Zimmer des Dichters die Fenster zum Neckar und zur Insel mit den alten Platanen, die zur Zeit seines Turmlebens gerade gepflanzt worden waren. „In lieblicher Bläue“, ein überraschend überlebtes Gedicht aus der Turmzeit, das im Treppenhaus hing und das ich für eines der tiefsten Gedichte deutscher Sprache halte (verrückt ist es allerdings auch), musste selbstverständlich weichen. Stattdessen prangt da nun das Gedicht „Hälfte des Lebens“, das auch sehr gut ist und mit dem man bestimmt niemanden verwirrt.

Als ich in Hölderlins weißem Zimmer stand und aus einem der Fenster auf den Neckar hinabsah, mit seinen Stocherkähnen und Spiegelbildern, stiegen in mir die Töne von Peter Greens „Supernatural“ hoch, 1966 aufgenommen mit John Mayalls Bluesbreakers. Wie aber diese Töne in dieses Zimmer kamen, kann ich nicht sagen.

Dass im Hölderlinzimmer an einem hellen Sommermittag alle Lampen erleuchtet sind, weist auf einen anderen tollen Menschen hin, dem es nicht viel besser ging. Ich wollte erklären, was die Drei umtrieb, aber ich konnte es nicht und wurde nur selbst immer verwirrter.

 


Sonntag, 26. Juli 2020

Haselnussblätter,
hängen geblieben an Steinen
im Waldbach.

Vom strömenden Wasser geschaukelt,
schaukeln das Wasser sie.

 

Aus:  Volker Friebel (2013): Oberleitungsschaden. Gedichte. Edition Blaue Felder, Tübingen.

 


Samstag, 11. Juli 2020

Durchsicht von Texten und Fotos der Schreibreise:

Das grüne Wasser
des Bergsees – neben dem Eis
spiegeln Blumen.

Am Lej Sgrischus, 2.618 Meter über dem Meer und etwas mehr als 800 Höhenmeter über Sils Maria, von dem wir aufstiegen.

 


Freitag, 10. Juli 2020

In die lange Pause fällt ein Schreib-Aufenthalt in Sils Maria, im Talgrund 1.800 Meter über dem Meer. Wenn es in der Welt irgendwo eine schönere Landschaft gibt, möge man es mir sagen, ich kenne sie nicht. Die Berge, die Wolken, die Wiesen, die lichten Lärchenwälder, die großen Seen … Es ist der Garten des jungen Inn. Am hinteren Berg, dessen Gipfel eine Wolke verhüllt, entspringt er.

 


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