Fluten-Log – Archiv 01

Gelegentlich etwas Neues oder Altes, Text oder Foto, ausgearbeitet oder Notiz. Soweit nicht anders angegeben, stammen alle Beiträge von Volker Friebel.

Fluten-Log: Aktuell, Archiv: 14, 13, 12, 11, 10, 09, 08, 07, 06, 0504, 03, 02, 01 (ab 07.06.2018)


Dienstag, 23. Oktober 2018

Der Fisch

Eines Morgens war nahe des Hafens ein ungeheurer Fisch angetrieben. Fischer fanden ihn leblos am Strand.

Die Menschen des Dorfes jubelten. ‚Was für ein Glück!‘, riefen sie. ‚Er wird uns nähren für lange Zeit!‘

‚Lasst uns das Glück behandeln wie eine Gefahr‘, sagte einer von ihnen. ‚Tag und Nacht wollen wir arbeiten, um es zu bezwingen. Wir nehmen uns reichlich und schenken den Rest dem König. Der König allein versteht, mit so viel Glück fertig zu werden. Er kann es unter die Vielen verteilen.‘

‚Nein, wir müssen es festhalten, festhalten für uns‘, sagten die anderen. ,So viel Glück kommt nie wieder! Den anderen soll anderes kommen.‘

‚Ein großes Glück kann nur bleiben, wenn es verteilt wird‘, sagte der eine.

Aber die Menschen des Dorfes wollten nicht hören. Sie machten sich auf und versuchten, den Fisch ganz für sich zu bekommen. Sie hieben und schnitten, sie fuhren ganze Wagen voll Stücke in ihre Häuser hinein.

Zwei riesige Gräten hatten sie erst freigelegt, da war die Arbeit kaum mehr möglich. Der Fisch hatte zu stinken begonnen. Immer schneller verdarb er.

Am Anfang waren nur die Gerüche. Der Weise unter ihnen war schon bald fortgegangen. ‚Seine Nase ist zu fein für das Dorf, er trägt sie zu hoch‘, redeten die Leute unter sich. Sie verkauften viel Fisch in die Stadt.

Aber die Händler wollten bald keinen mehr nehmen. ‚Er ist verdorben, taugt nicht einmal mehr für die Schweine‘, sagten sie.

Immer schneller verrottete der Fisch am Strand und in den Häusern der Menschen. Ratten liefen bald offen umher. Krankheiten rafften die Hälfte des Dorfes dahin.

 

Aus: Volker Friebel (2016): Das singende Kamel. Geschichten für Kinder über das, was wichtig ist. Tübingen: Edition Blaue Felder. Nur als eBuch

 


Dienstag, 16. Oktober 2018

Drei Zielrichtungen bei der Entspannung für Kinder lassen sich ausmachen:

Intervention. Spezielle Probleme sollen gezielt beeinflusst werden.
Prävention. Die psychische und körperliche Gesundheit soll vorbeugend geschützt bzw. gestärkt werden.
Förderung als Grundkompetenz. Mit der Entspannungsfähigkeit soll eine grundlegende Fähigkeit des Kindes gefördert werden.

Die „klassischen“ westlichen Entspannungsverfahren, das Autogene Training und die Progressive Muskelentspannung, wurden als Methoden ärztlicher bzw. psychologischer Intervention entwickelt. Deshalb liegen zu diesen Methoden zahlreiche wissenschaftliche Studien vor. Ihr Einsatz als Interventionsmethoden erfolgt in der Regel in Beratungsstellen, Kliniken oder in psychologischen bzw. psychotherapeutischen Praxen. Der Einsatz als Interventionsmethoden sollte nur von ausgebildeten Psychologen oder Ärzten oder psychotherapeutisch ausgebildeten Pädagogen erfolgen. Denn für eine psychologische Intervention ist deutlich mehr Wissen erforderlich als die Kenntnis einer bestimmten Methode wie der Entspannung.

Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung werden, wie die anderen vorgestellten Entspannungsweisen, außerdem präventiv eingesetzt sowie als Förderung von Grundkompetenzen verstanden. In diese Richtungen ist die Durchführung von Entspannung zu Hause, im Kindergarten, in der Schule und in Form von Entspannungskursen an Volkshochschulen oder Krankenkassen zu werten. Entspannung ist dabei für alle Kinder gedacht, nicht nur für Kinder mit Problemen.

Aus unserem Manual zum Kurs „Entspannungspädagogik für Kinder“.

 


Sonntag, 30. September 2018

Wecken – aufstehen – hinaus in pechschwarze Nacht – einsteigen – aus den Scheinwerfern unserer Geländewagen tanzen gleißende Geisterfinger über die Steppe – rütteln und schütteln. Wir sehen den Staub, den feinen Sand nicht, wir spüren ihn, er dringt in uns ein.

Wüsten-Nachtfahrt.
Im Scheinwerfer auffliegend
ein Taubenpaar.

An den Dünen von Erg Chebbi halten wir. In diesem Gebiet enden die befestigten Straßen. Algerien ist nahe. Und die Sahara.

Aussteigen in die Morgendämmerung. Bis zu 150 Meter hoch sollen die Sanddünen sein. Elisabeth und ich gehen ein Stück in sie hinein, bis wir von Dünen umgeben sind. Ein paar dürre Halme halten sich hier und da irgendwie. An ihnen vorbei schnürt die Spur eines Wüstenfuchses.

Auf einem Dünenkamm setzen wir uns, schütteln den Sand aus unseren Schuhen, lauschen in das Dämmern hinein.

Wüstendünen.
An der Stille
zerrt ein Wind.

Zwischen Saharadünen
Sonnenaufgang – irgendwo
kräht ein Hahn.

Aus einem eBuch mit Fotos, Prosa und Haiku zu Marokko, das Mitte Oktober 2018 erscheinen wird. Näheres und Bestellmöglichkeit dann auf www.Blaue-Felder.de.

 


Sonntag, 15. September 2018

Foto und Haiku von gestern, aus einem schönen Spaziergang am Schönbuchrand über Tübingen-Hagelloch.

 


Mittwoch. 12. September 2018

Kuhglocken läuten.
Unhörbar der rieselnde Stein
des Gebirges.

Schmetterlinge – Regentropfen auf Blättern und Hagebutten – fahle Gräser – erste Herbstblätter liegen auf dem Pfad – Wurzeln – Felsen – der weite Ausblick nach beiden Seiten – Kühe an den Hängen – das gläserne Licht. Die Schönheit ringsum lässt alle Worte verstummen. Nur unser Atem und das Geräusch unserer Schritte. Wir wandern an einigen Gipfelkreuzen vorbei.

Zum längeren Wanderbericht geht es hier.

 


Dienstag, 4. September 2018

„Der Mensch ist immer freier, als man gewöhnlich meint. Er hängt weitgehend vom Milieu ab, aber nicht so sehr, wie er selbst sich ihm zum Sklaven macht.“

Alexander Herzen. Sie schlägt das Buch zu. Und denkt nicht an Politik, sondern an ihr Herz. Und fragt sich, ob wohl mehr die Bequemlichkeit oder die Angst für die beunruhigende Geradlinigkeit ihres Lebens verantwortlich gewesen ist. Jedenfalls etwas, das man nicht bemerkt. Also doch eher die Bequemlichkeit.

Es ist ja nicht so, dass wir an Fäden gezogen werden. Wir suchen selbst nach den Strömungen des Windes und gehen hinein. Es ist die einfachste Form der Bewegung. Aber das Herz schlägt anders.

Könnte es sein, dass das, was sie an Hans anzieht, eben auch das ist, was ihr Angst macht? Dass das, was sie fasziniert, sie auch herunterzieht?

Sie erinnert sich an eine Episode aus ihrer Kindheit zurück, auf dem Grundstück der Tante neben den Bahngleisen. Wie sie dort stand und in die Ruhe der vollen Regentonne hineinsah. Wie sie mit ihrer kleinen Gießkanne den berühmten Tropfen noch dazugeben konnte und der Spiegel tatsächlich ins Fließen kam.

Na ja, es war mehr als ein Tropfen nötig gewesen.

Sie lässt das Bild des kleinen Mädchens mit den Zöpfen in sich ganz groß werden, wie es dasteht, in der einen Hand noch die Gießkanne, die andere Hand zur Faust geballt und an die Lippen gepresst.

Aus: Volker Friebel (2015): Das Gewicht der Wolken. Eine Erzählung in Augenblicken und Episoden. Edition Blaue Felder, Tübingen.

 


Donnerstag, 9. August 2018

Kleine Teufel

Manches ist so leicht ihre Beute:
die Ziffernreihen des Geldinstituts,
Platz und Stimme am Konferenztisch,
die Segeljacht, ankernd
in der blauen Lagune.

Ein Bollwerk ist immer das Kleine,
das Schwache, das niemand will, das Gedicht,
das treibende Blatt auf dem Wasser,
die Krähenfeder im Haar eines Wanderers,
die bunten Steine im Waldbach.

Aus: Volker Friebel (2009): Nachricht von den Wolken. Gedichte und Haiku. Zweite Ausgabe. Edition Blaue Felder, Tübingen.

 


Donnerstag, 2. August 2018

Stoppelfelder.
Im Abenddämmern verschwindet
ein Vogelschwarm.

Ein neuer Reise-Text: Die Honigsteige.

 


Mittwoch, 25. Juli 2018

Der dumme Hans hat sich ihnen vor einigen Tagen auf einem Rummel angeschlossen, auf dem er aushalf. So streifen sie nun zu viert durch das Land, das Prinz Vogelfrei einmal regieren soll.

Geheimrat Eule doziert: „Wer von sich sagen kann: Ich bin dumm, und es ist und zwar glücklich, der lebt die höchste Form der Existenz. Die zweithöchste Form ist klug sein und dumm scheinen. Die dritte: Klug sein und klug wirken. Die vierte: Dumm sein, aber glauben, man sei klug. Dieser letzten Lebensform huldigen die meisten Menschen.“

„Ich will klug werden“, sagt Prinz Vogelfrei.

„Das weiß ich“, brummt Geheimrat Eule. „In deiner Position ist das Beste: klug sein und klug wirken. Aber weißt du denn, was dumm und klug eigentlich bedeuten?“

„Das weiß ich nicht“, sagt der Prinz, „aber ich lerne.“

 


Samstag, 23. Juni 2018

Paula meint!

„Hallo, hallo!“, brummte der Chef vorhin und lachte, als er nach Wochen endlich wieder mal Zeit für den Garten fand.

Erst schloss ich die Augen, um ihm zu zeigen, dass ich beleidigt war.

Als ich dann aber merkte, dass er es sich nur auf der Liege bequem machte, ohne sich weiter um mich Eule zu kümmern, öffnete ich doch wieder ein Auge. Und auch das andere.

Er seufzte. Und sah doch zufrieden aus.

„Was ist denn los?“, uhute ich.

Der Chef faselte allerlei wirres Zeugs, das ich überhaupt nicht verstand.

Irgend etwas über den Großen Garten des Himmels, das sogenannte Netz, in dem überall auf der Welt Menschen unter allerlei Schirmen sitzen und die Wolken betrachten. Denen zeige er manches von seiner Arbeit.

Nun gäbe es aber schon ganz kleine Schirme. – Was für Schirme? Regenschirme? – Auf denen jedenfalls könnten die Menschen seine Arbeit gar nicht mehr richtig sehen. Deshalb müsse er nun umbauen, dass alles gut sichtbar sei, egal, ob ein Mensch unter einem großen oder einem kleinen Schirm sitzt.

Bei der Gelegenheit habe er auch bemerkt, dass die Wolke, auf der seine Arbeit erscheint, gar nicht mehr die beste ist. Deshalb ziehe er außerdem um, auf eine andere Wolke, wo alles viel besser sei. Das koste einige Arbeit und Zeit. Allmählich aber sähe er wieder Land, auf der Wolke, auch wenn die Arbeit noch nicht ganz erledigt sei.

Menschen! Warum bleibt er nicht im Garten und schaut lieber nachts den Mond an, als irgendwelche Schirme oder Wolken?

Aber da kommt er schon selbst und schreibt ein paar Worte!

Providerwechsel und Umstellung auf ein anderes Satzprogramm. Die Präsenz muss ganz neu aufgebaut werden, um besser smartphone-tauglich zu sein. Ich denke, dass die Umstellung Ende Juni oder Anfang Juli 2018 erfolgt. Probleme sind keine zu erwarten. Vielleicht werden die Seiten einige Stunden lang nicht erreichbar sein. Ich bitte dann um etwas Geduld.

 


Donnerstag, 7. Juni 2018

Ich muss das Programm zur Erstellung von Netzseiten wechseln und alles nach und nach neu aufbauen. Grund ist die verlangte Lesbarkeit von Netzseiten nicht mehr nur auf großen Schirmen, sondern auch auf Smartphones. Mein altes Programm leistet das nicht.

Für diese Netzpräsenz heißt das zunächst: Der bisherige Blog kann nicht übernommen werden. Ich fange deshalb neu an, zunächst beschränkt auf Texte.

 

Anton und Karl

Zwei Spatzen sitzen im Apfelbaum und spähen durchs Fenster in die Küche von Lehmanns.

„Die Emma kocht!“, zwitschert Anton.

„Der Kochtopf kocht“, widerspricht Karl.

„Die Suppe im Kochtopf von Emma kocht“, präzisiert Anton.

„Wir Spatzen werden die Menschen nie verstehen“, sinniert Karl. „Wie einer sein Futter durch Feuer verderben kann!“

„Sie glauben, es wird besser dadurch“, piept Anton.

„Ich habe auch mal von einem verbrannten Regenwurm gekostet, letztes Jahr, nach dem Feuer am Wiesenrain. Ich kann dir sagen: Die Menschen irren!“, doziert Karl und schüttelt die Flügel.

Und dann hüpfen sie auf ihrem Zweig auf und ab, denn die Emma hat sich beim Kosten verbrannt.

„Zu heiß, die Suppe kann sie nun wegschütten“, piept Anton.

Und sie flattern davon, Fliegen jagen.

 


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